„We are in the early stages of a sustainability revolution in the globe that has the scale the industrial revolution but the speed of the digital revolution.” – so hat es der einstige US-amerikanische Vize-Präsident Al Gore vor einiger Zeit formuliert. Und blickt man auf die jüngsten Geschehnisse des zurückliegenden Jahres, so dürften wenig Zweifel daran bestehen, dass er mit seiner Aussage recht behalten wird.
Die Europäische Union verschreibt sich dem Ziel der Klimaneutralität bis 2050, China will den volkswirtschaftlichen CO2-Ausstoß bis 2060 neutralisiert haben und mit der Wahl von Joe Biden dürfte sich nun endlich auch die größte Volkswirtschaft der Welt auf den Weg zu Netto-Null Emissionen bis zur Jahrhundertmitte begeben. Summa summarum bleiben nun also nur noch wenige Jahrzehnte, um die vollständige Dekarbonisierung konsequent umzusetzen – ein klimapolitisch richtiges und industriepolitisch ambitioniertes Vorhaben, das in der Ernsthaftigkeit der bevorstehenden Umwälzung vermutlich am besten mit einer Operation am offenen Herzen zu vergleichen ist.
Für die Energiewirtschaft bedeuten sämtliche Entwicklungen für die kommende Dekade vor allem eines: nicht kleckern, klotzen! Die technologischen Dynamiken werden weiter an Fahrt aufnehmen und somit fossile Produkte/Dienstleistungen nicht nur weiter ökonomisch unter Druck setzten, sondern durch damit einhergehende Geschäftsmodellinnovationen an geeigneten Stellen auch vom Markt drängen. Die Kostendegressionseffekte sowohl bei Solar (-91%) und Wind (-49%) als auch bei Speichern (-87%) im vergangenen Jahrzehnt lagen deutlich über den Prognosen und mit den zusätzlichen Elektrifizierungsvorhaben in anderen Sektoren (bspw. Verkehr) dürfte dieser Trend auch noch nicht zu Ende sein.
Wer derartige Fortschritte nun als „grünes Geplänkel“ zu ignorieren versucht, dürfte sich damit wohl eher keinen Gefallen tun. Die dahinter liegenden Marktmechanismen wie auch gesellschaftlichen Strömungen dürften eher exponentieller als linearer Art sein – und dabei, das hat nicht zuletzt diese Pandemie gezeigt, ist es zumeist keine besonders clevere Idee, den Entwicklungen regelmäßig hinterherzulaufen.
Bleibt an dieser Stelle natürlich noch die Frage, mit welchen Herangehensweisen es sich am besten durch diese herausfordernden Zeiten navigieren lässt. Aus meiner Sicht kommt es mitunter vor allem auf nachfolgende drei Aspekte an.
- Know-How am Puls der Zeit: wer nicht nur verwalten, sondern gestalten will, der sollte die Logiken eines durchgängig fossil-freien Energiesektors verstanden haben sowie die aktuellsten Entwicklungen nicht verpassen. Oder anders ausgedrückt, wie es Heiner Geißler einst formuliert hat: „Wissen ist Macht. Unwissen ist Ohnmacht.“
- Innovative Partnerschaften: die bevorstehende Transformation ist bei Weitem zu komplex, als dass eine möglichst effiziente Bewältigung ohne die kluge und progressive Zusammenarbeit verschiedenster Akteure gelingen dürfte. Insofern könnte ein guter Wegweiser auch in einem alten afrikanischen Sprichwort zu finden sein: „Willst du schnell gehen, geh alleine. Willst du weit gehen, geh mit anderen.“
- Machen!Machen!Machen!: der Weg in Richtung Klimaneutralität dürfte spätestens ab diesem Jahr unumkehrbar sein – für die Weltgemeinschaft, damit aber auch für jedes Unternehmen. Grund genug also, lieber heute als morgen ins Handeln zu kommen und in Angriff zu nehmen, was getan werden muss. Alles andere ist politisches Verzögern – oder um es in den Worten von Frank Thelen auszudrücken: „Dekarbonisiere dein Produkt, deine Firma, dein Leben oder es wird sehr teuer. Es gibt hierzu KEINE Alternative.“
Schlussendlich aber, und das soll keinesfalls unterschlagen werden, bilden obige Ausführungen natürlich maximal einen Ausschnitt der ganzen Torte der Wahrheit ab. Vielmehr können und sollen sie als Impuls verstanden werden, bei Bedarf alte ideologische Scheuklappen abzulegen und vor allem eine Sache nicht zu vergessen: Zukunft wird aus Mut gemacht.
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