“Authentizität ist wirklich zentral heutzutage.”

Fabian ist 21, hat nach wenigen Wochen sein Studium hinter sich gelassen und ist inzwischen erfolgreicher Unternehmer. Bekannt dürfte er nicht wenigen Menschen vor allem durch seinen „Jungunternehmerpodcast“ sein in dem er schon eine Vielzahl an erfolgreichen Unternehmern zu Gast hatte. Im Interview sprechen wir natürlich über Podcasts und Unternehmertum, aber auch über die Veränderungsbereitschaft in unserer Gesellschaft und die Bedeutung von persönlicher Authentizität.

Inhaltlich behandelst du in deinem Podcast, wie es der Titel schon nahelegt, das Thema Unternehmertum, um insbesondere junge Menschen dafür zu begeistern. Wie kam es überhaupt dazu und welchen Stellenwert hat das Thema für dich persönlich?

Der wichtigste Grund warum ich damit gestartet bin war in erster Linie, dass ich selbst zu wenig Informationen zu diesem Thema gefunden habe. Ich bin allerdings, auch heute nicht, an einem Punkt, an dem ich sagen würde, jeder sollte Unternehmer werden. Es gibt Leute, für die ist das einfach nichts und das ist überhaupt kein Problem. Dennoch möchte ich auf die Möglichkeit des Unternehmertums aufmerksam machen – auch deshalb, weil ich in den klassischen Bildungseinrichtungen relativ wenig davon gehört habe. Inzwischen sehe ich, dass meine Arbeit durchaus einen Impact hat. Und das schöne daran ist, dass schlussendlich jeder ganz alleine entscheiden kann, ob dieses Thema von persönlicher Relevanz ist oder nicht. Wichtig zu betonen ist mir aber, dass man, unabhängig von dieser Fragestellung, vor allem auf sein Netzwerk achten sollte. Mit welchen Leuten umgibt man sich? Wie geht man auf Leute zu, mit denen man sprechen möchte? Das sind Dinge, die halte ich für unglaublich wichtig.

Das Medium Podcast, so kann man es sagen, hat zuletzt ordentlich an Popularität gewonnen.  Und auch insgesamt scheint der Content-Konsum über Audio weiter zuzulegen. Wie schätzt du die Entwicklung in absehbarer Zeit ein?

Podcasts generell sind nicht völlig neu, das gibt es schon einige Jahre. Der aktuelle Hype aber scheint kein kurzfristiger zu sein – auch deshalb, weil im Prinzip alle großen Medien gerade auf diesen Zug aufspringen. Denn der passive Content-Konsum, beim Sport im Auto oder im Haushalt, ist einfach ein neuer Trend im Gegensatz zum klassischen Musik-Konsum. Wenn ich beispielsweise im Stau stehe, dann ist es mir wesentlich lieber auch mal anderen Menschen zuzuhören und im Idealfall kann ich dabei sogar noch einiges lernen. Insofern werden sich dadurch auch in Zukunft noch eine Vielzahl an großartigen Möglichkeiten ergeben.

Wenn Unternehmertum an sich nun für immer mehr Menschen interessant wird, dann wird die Folge sein, dass immer mehr Menschen eigene Projekte vorantreiben und versuchen aus ihren Hobbys ein Geschäftsmodell zu bauen. Braucht es aber dafür vielleicht auch noch mehr Freiräume in unserer Gesellschaft, damit wir diese Entwicklung auch erfolgreich antizipieren?

Grundsätzlich glaube ich, der Freiraum ist da. Selbst bei großen Konzernen wird es zumeist anerkannt, wenn man sich mit eigenen Projekten einbringt. Auch deshalb, weil immer mehr Unternehmen bemerken, dass sie nicht so weiterarbeiten können, wie sie es bisher gemacht haben. Die Frage ist oftmals vielmehr, wie insbesondere junge Menschen diese Freiheiten nutzen – auch schon an der Universität beispielsweise. Trotz alledem wird dieses Thema aber perspektivisch sicherlich an Bedeutung gewinnen. Und das liegt nicht unwesentlich daran, dass sich immer mehr Menschen mit persönlicher Eigenverantwortung und der Suche nach einer individuellen Passion beschäftigen. Insofern sehe ich meine Arbeit auch als Katalysator, um Menschen auf diese Möglichkeiten aufmerksam zu machen. Denn die Leute, die sich dessen bewusst sind, nehmen sich in der Regel dann auch die notwendigen Freiräume. Und Unternehmen haben eigentlich kaum eine andere Wahl als diese Entwicklung zu antizipieren, weil sie wissen, wie wertvoll Leute sind, die Verantwortung übernehmen und eigene Projekte selbst strukturieren.

In der Tat scheint sich die Arbeitswelt aktuell fundamental zu verändern. Lebenslanges Lernen beispielsweise wird zum Imperativ für beruflichen Erfolg, um nur einen dieser Trends zu nennen. Welche Entwicklungen zeichnen sich womöglich auf Basis deiner Erfahrungswerte darüber hinaus noch ab?

Also es gibt durchaus schon Unternehmen, die einfach neue Stellen kreieren und damit auch die Möglichkeit offen halten in einem gewissen Rahmen neue Jobfelder zu definieren. Das richtet sich dann insbesondere an Menschen, die adäquate Qualifikationen mitbringen und auch wissen, wie man sich in solchen Unternehmen einbringt. Denn die meisten Unternehmen wissen, dass sie ein Problem haben werden, wenn sie sich nicht grundlegend verändern. Insofern ist die Aufmerksamkeit für diese Herausforderung durchaus gegeben. Wie sich die Arbeitswelt ganz konkret aber in absehbarer Zeit verändern wird, ist wirklich sehr schwer zu sagen – allein deshalb, weil vieles zumeist nur Hypothesen sind. Ein Punkt aber, der jedenfalls meiner Meinung noch deutlich an Relevanz gewinnen wird ist das Thema ortsunabhängiges Arbeiten. Immer mehr Unternehmen haben das inzwischen auch erkannt und setzten beispielsweise ganz unterschiedliche Coworking-Modelle um. Und das macht natürlich Sinn, denn immer mehr Menschen wollen diese Flexibilität haben und fordern das auch ein.

Jetzt gibt es hier in Berlin natürlich das ein oder andere Innovation Lab, die Stadt ist Heimat der wohl lebendigsten Startup-Szene Deutschlands und somit auch Impulsgeber für viele andere Dinge. Du wohnst hier in der Hauptstadt und bist gut vernetzt: welche Rolle spielt eine gewisse Umgebung um möglichst gute Rahmenbedingungen für Innovationen zu schaffen?

Grundsätzlich kommt es natürlich darauf an, wo ein Unternehmen seinen Standort und somit auch ein stärkstes Netzwerk hat. Wenn man jetzt natürlich ausschließlich die Startup-Szene betrachten würde, dann wäre Berlin zweifelsfrei ein ausgezeichneter Standort. Aber die Corporate-Szene beispielsweise ist hier in Berlin nicht derart omnipräsent, weil kaum ein deutscher Konzern hier sein Headquarter hat. Insofern glaube ich nicht, dass der Standort das allentscheidende ist. Wichtig aber ist schon eine gewisse Umgebung, denn ohne die Möglichkeit sich mit anderen auszutauschen bleibt man leicht in seiner eigenen Perspektive gefangen und Innovationen sind dann auf den eigenen Vorstellungshorizont beschränkt. Deshalb kann ich mir gut vorstellen, dass in immer mehr mittelgroßen Städten Innovation Hubs eröffnen, wo sich große Unternehmen mit ihren Teams einmieten können und so den Austausch aktiv ermöglichen. Das Zusammenfinden von Menschen, die anders denken ist deshalb eine essenzielle Anforderung zum Erhalt der Innovationsfähigkeit.

„Alles was digitalisiert werden kann, wird auch digitalisiert.“ heißt es oft. Und die überwiegende Mehrheit dieser Innovationen wird wohl ein positiver Zugewinn sein, so jedenfalls meine Einschätzung. Jetzt gibt es aber nach wie vor eine Menge „analoger“ Jobs, die es womöglich in absehbarer Zeit nicht mehr geben wird. Wo liegt deiner Meinung nach die Wertschöpfung der Zukunft?

Ich persönlich sehe zukünftig die größte Wertschöpfung in der Menschlichkeit. Dinge wie Empathie werden immer wichtiger, gerade dann, wenn es um Gespräche und Konversationen geht. Situationen also, in denen man eine Kommunikationsebene aufrechterhält, die durch Technik nicht ersetzbar sind. Der Kundensupport eines Unternehmens beispielsweise wird sicherlich von immer mehr Unternehmen zu einem gewissen Teil maschinell outgesourct werden, aber es wird immer noch Menschen geben müssen, die sich um die Spezialfälle kümmern – ansonsten geht die ganze Sache zu Lasten der Kundenzufriedenheit. Auch Workshops werden zwar immer öfter digital durchgeführt, aber dennoch macht es einen Unterschied, ob jemand vor dir steht oder nicht. Vermutlich ist das auch der Grund, warum Coaching, Workshops und Vorträge aktuell so durch die Decke gehen.

Das Innovationstempo in allen Bereichen des Lebens ist vermutlich höher als je zuvor. Was braucht es, damit wir als Gesellschaft die daraus entstehenden Veränderungen zukünftig noch besser antizipieren?

Zuerst einmal glaube ich muss ein grundlegendes Verständnis für Veränderungen in der breiten Masse geschaffen werden, weil das auch heute noch bei vielen Menschen nicht angekommen ist. Warum das so ist, kann ich selbst nicht genau sagen. Aber entscheidend ist in jedem Fall, wie und was dabei immer kommuniziert wird. Denn der ungünstige Fall ist, wenn jemand etwas gar nicht mitkriegt – wie im Falle meines Podcast von den Chancen des Unternehmertums und der Selbstständigkeit. Inwiefern man dann auf derartige Dinge reagiert, muss natürlich jeder für sich selbst entscheiden.  Aber das Bewusstsein ist zweifelsohne der erste Schritt. Und durch Medien wie Podcast und Social-Media entstehen in diesem Zusammenhang aktuell natürlich massive Veränderungen, weil es im Prinzip nur noch zwei Kommunikationsebenen gibt – Sender und Empfänger.

Darüber hinaus geht es auch darum möglichst kollaborativ miteinander zu arbeiten, weil sich dadurch zumeist ganz andere Mittel, Möglichkeiten und Wege eröffnen. Aber das wird uns, jedenfalls meinem Empfinden nach, nicht immer anständig beigebracht. Ich war zum Beispiel in der Schule nicht immer besonders begeistert von Gruppenarbeit, weil dort die Konstellation oft bescheiden war. Ich konnte mir selten aussuchen, mit wem ich zusammenarbeite, um sicherzustellen, dass ein gutes Ergebnis herauskommt. Heute weis ich viel besser, wie ich Projektpartner aussuche, jetzt habe ich Spaß daran, auch weil ich nicht mehr das machen muss, was mir keinen Spaß macht. Und zuletzt glaube ich auch, dass wir aufhören sollten uns ständig auf Schwächen zu konzentrieren. Denn wenn ich mich auf das konzentriere was ich schlecht kann und versuche darin besser zu werden, dann bleib ich in meinen Stärken trotzdem gleich gut. Wenn ich jetzt aber einen finde, der genau das kann was ich nicht kann und wir uns gut ergänzen, dann haben wir eine vielfache Power. In der Schule aber wird uns oft beigebracht, wir müssen weg von den schlechten Noten und dürfen uns nicht zu sehr auf die guten fokussieren. In manchen Sachen mag das sinnvoll sein, in manchen halte ich das aber für eher hinderlich. Wenn wir diese Haltung von Grund auf verändern, würde das auch unserer Gesellschaft guttun.

Die persönliche Meinungsbildung verändert sich gerade massiv, der Einfluss von individuellen Persönlichkeiten steigt dabei zunehmend an. Wird sich diese Entwicklung fortsetzten, sodass die Informationszugänge für jeden mehr oder weniger maßgeschneidert sind?

Ich würde das bejahen, weil man damit einfach auch konkrete Bezugspersonen hat. Es gibt beispielsweise bestimmt den ein oder anderen da draußen, der sich dem Thema Unternehmertum annähert, weil er meinen Podcast regelmäßig hört und es einfach gut findet, wie ich Fragen stelle und der mir vertraut, wenn ich sage, dass Netzwerken so funktioniert wie ich es mache. Und klar ist auch: je mehr Referenzen man selbst aufbaut, desto eher werden einem Menschen auch vertrauen. Das ist sowohl im Business der Fall, als auch wenn ich ein persönliches Projekt starte. Authentizität ist wirklich zentral heutzutage. Und je authentischer man ist und je mehr Fehler man auch zu Beginn offen eingesteht, desto eher kann sich ein anderer Mensch eine anständige Meinung von dir bilden und dich besser einschätzen.

Du arbeitest relativ, oder besser gesagt maximal, selbstständig. Woher nimmst du dein Wissen? Und welcher Anteil ist davon ist eher autodidaktisch und wie viel entsteht durch den Austausch mit anderen Menschen?

Es gibt vielleicht ein paar Bücher, bei denen ich sagen würde, die haben mich wirklich geflasht. Der überwiegende Anteil entsteht in erster Linie durch Austausch. Und das schöne ist, dass ich fast alle Unternehmer, die ich einmal interviewt habe, bei Gelegenheit auch wieder ansprechen kann. Klar, mit einigen habe ich mehr Kontakt, mit anderen weniger – aber zumeist ist es Kommunikation mit anderen Personen, die in dem Bereich, in dem ich etwas lernen will, wesentlich weiter sind als ich, die mir eine Abkürzung verraten können. Und im Kern ist es ja auch der Grundgedanke meines Podcasts, dieses Wissen zu teilen.

Die Welt scheint zunehmend dezentraler zu werden und sich auch ein Stück weit auch neu zu sortieren, diesen Trend sieht man nicht zuletzt auf Social Media. Wie wichtig wird es in Zukunft sein, dass Menschen sich noch stärker in Netzwerken organisieren bzw. welche Rolle spielen Netzwerke für die persönliche Weiterentwicklung?

Meiner Meinung nach eine sehr entscheidendee, weil man damit oftmals sehr viel schneller vorankommt. Man muss nicht alles selbst recherchieren und ausprobieren. Umgekehrt geht es aber auch nicht darum alle Menschen der Welt zu kennen – sondern vielmehr darum, Menschen zu kennen die man in gewissen Bereichen fragen und denen man aber auch einen gewissen Mehrwert schaffen kann. Bei mir ist das natürlich der Podcast mit seiner Reichweite und auch die Tatsache, dass ich inzwischen sehr viele Menschen kenne, die ich kenne und ggf. auch miteinander vernetzten kann. Dadurch sind mir natürlich viele wohlgesonnen. Das macht einen enormen Unterschied, weil Netzwerke natürlich die persönliche Entwicklung aber auch die Entwicklung von eigenen Projekte und Vorhaben beschleunigen.

Man wird in einem großen Unternehmen ja auch nicht zwingend Geschäftsführer, weil man der Beste ist, sondern weil man mit Menschen kann, mit denen man können muss. Schlussendlich, so könnte man es vielleicht formulieren, muss sich eh jeder Einzelne von uns jeden Tag aufs Neue in speziellen Situationen verkaufen. Aber die Art und Weise wie wir hier in Deutschland damit oft umgehen darf und soll sich in mancher Hinsicht durchaus noch ändern. Sehr viel ist immer noch ichbezogen und egoistisch fokussiert, dabei kann man gerne auch mal nachdenken, was der andere eigentlich will. Wie viele E-Mails ich am Tage bekomme mit „ich will, ich will, ich will“, – das ist alles andere als optimal. Wenn sich dieses grundlegende Kommunikationsmuster verändern würde, würde mich das durchaus freuen.

Fabian, vielen Dank für das großartige Gespräch.